Das Design der Fischerteppiche

Gestaltung

Die Volkskunst der Fischerteppiche entstand nicht zusammenhang- und geschichtslos aus dem Nichts. Aus der orientalischen Teppichkunst wurden für die Pommerschen Fischerteppiche sowohl die Art des Materials (Schafwolle) als auch die Technik des Knüpfens übernommen. Als Knotenart kommen hauptsächlich der symmetrische, aber auch der asymmetrische Knoten zur Anwendung. Dem Österreicher Rudolf Stundl war schnell klar, dass es wenig sinnvoll sein würde, die Fischer dieselben Ornamente knüpfen zu lassen, welche schon die Orientteppiche zieren und ausmachen. Einerseits hätte die orientalische Ornamentik in Vorpommern einen kulturfremden Einfluss dargestellt, andererseits hätte mit deren Übernahme das Alleinstellungsmerkmal gefehlt. Aus diesem Grund entwarf der gelernte Teppichwirker Stundl eigene Ornamente, die er dem Lebensraum der Fischer entlehnte.

 

Motive

Der Motivkanon der Pommerschen Fischerteppiche umfasst eine Fülle an maritimen Ornamenten und speist sich hauptsächlich aus dem direkten Lebensumfeld der Fischer und Teppichknüpfer. Zu den klassischen und häufig verwendeten Motiven gehören Wellen, Möwen, Schwäne, Kormorane, Anker (in der Bordüre oft als Doppelanker, im Mittelfeld als Vieranker), Kogge, Stranddisteln (Lubminer oder Freester Stranddistel) und natürlich Fische in unterschiedlichsten und originellen Kombinationen: Stein- oder Plattfisch; Zweifisch, Dreifisch, Vierfisch oder als Achtfischrosette. Darüber hinaus gibt es auch Waldmotive wie Hirsche, Hirschkäfer, Eichkater, Eichenlaub sowie das pommersche Wappentier, den Greif. Es gibt aber auch Teppiche mit einem Baum des Lebens und Paradiesvorstellungen.

Farben

Die typische Farbigkeit der Fischerteppiche ist eher als herb zu bezeichnen und ergibt sich aus den Farben der vorpommerschen Küstenlandschaft. Der Grundton der Teppiche ist warm und erdig, um den Heimatbezug zu betonen. Den verwendeten Farbwerten wurden Entsprechungen aus der realen Lebenswelt zugeordnet, denn dies erleichtert die Identifikation der Teppichknüpfer mit ihrem Heimatprodukt, welches eine Form von nordischer Volkskunst repräsentiert. Diese Art Farbenlehre ist jedoch der Entstehungszeit geschuldet und stellt keine endgültige Festlegung, sondern vielmehr einen tradierten Konsens dar. In jüngster Zeit wird auch mit grelleren Farbwerten wie Silber und Orange experimentiert, um neue und moderne visuelle Ergebnisse zu erzielen. Die traditionelle Übersetzung der Farben sieht so aus:

Hellblau: Himmel - Dunkelblau: Meer - Grün: Küstenwälder - Braun: Holz der Schiffe - Rot (Ochsenblut): Segel der Zeesenboote - Grau: Regenhimmel u. Kormorane - Weiß: Möwen u. Schwäne - Ocker: Strandsand - Rehbraun: Wild

Beschaffenheit

Rudolf Stundl setzte bei der Beschaffenheit der Fischerteppiche auf eine robuste Qualität. So wird gern mit der Behauptung geworben, Fischerteppiche würden erst richtig schön, wenn ein Regiment Soldaten darüber hinwegmarschiert sei – eine Behauptung, die durch kein überliefertes Ereignis belegt ist. Weniger martialisch und lebensbejahender heißt es im Freester Teppichknüpferlied: „Wi knüppen un wäben en Teppich för’t Leben.“ Eine Teppichfläche von 10 × 10 cm hat 24 Knoten in 24 Reihen, das sind 580 Knoten (24 × 24 = 576). Hochgerechnet auf einen Quadratmeter ergibt sich die schwer vorstellbare Zahl von etwa 58.000 Knoten. Eine erfahrene Teppichknüpferin braucht hierfür etwa 160 Stunden und 2500 Gramm Wolle. Auch aus diesem Grund werden Fischerteppiche gern als „Perser von der Ostsee“ bezeichnet.

Dankesteppich: Eine der frühesten Arbeiten ist der sogenannte Dankesteppich aus dem Jahr 1929, den die ersten knüpfenden Fischer dem Landrat Werner Kogge überreichten. Landrat Kogge hatte die Idee, Fischer für das Knüpfen von Teppichen zu gewinnen. Der Dankesteppich enthält neben den 34 Namen der beteiligten Teppichknüpfer die Grußadresse: DIE FREESTER FISCHER HERRN LANDRAT KOGGE.

Paradiesteppich: Diese Arbeit von 1929 zeigt Adam und Eva am Baum der Erkenntnis, in dessen Krone sich das Auge Gottes befindet. Der Teppich stammt aus dem Nachlass der Schauspielerin Ursula Schoene-Markus und gehört heute zur Sammlung der Greifswalder Universität. Es handelt sich hierbei vermutlich um den ältesten erhaltenen Fischerteppich.

Jagdteppich: Im Jahr 1935 machte die Provinz Pommern dem Reichsjägermeister Hermann Göring einen Jagdteppich zum Geschenk. Diese Auftragsarbeit entstand nach einem Lubminer Kinderentwurf und befindet sich heute in Privatbesitz.

Altarteppich: Eine Einzigartigkeit stellt der Krösliner Altarteppich von 1947 dar. Er wurde in der kargen Nachkriegszeit aus mit Naturfarben eingefärbter Schafwolle geknüpft. Er kann in der Christophorus-Kirche Kröslin besichtigt werden. Auch die Johanneskirche in Wusterhusen und die Petrikirche in Lubmin haben einen Fischerteppich in ihrer Ausstattung.

Atomteppich: Ebenfalls eine Besonderheit sind die zu DDR-Zeiten gefertigten Atomteppiche. Diese bezogen sich in ihrer Motivik auf das wichtigste Kernkraftwerk der DDR in Lubmin.

Quelle: Wikipedia

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